Quantitative Forschung | Qualitative Forschung | Vergleich der beiden Forschungsarten | Deduktion und Induktion | Formulierung von Forschungsfragen und Annahmen | Literatur
Das Ziel quantitativer Forschung liegt in der Beschreibung und Erklärung von Zusammenhängen. Sie trifft quantifizierende Aussagen über möglichst viele Fälle für eine begrenzte Anzahl von Merkmalen. Sie bedient sich bei ihren Untersuchungen standardisierter Untersuchungsinstrumente wie z. B. einem ausformulierten Fragebogen. Die zu untersuchenden Fälle werden aus einer Grundgesamtheit gezogen, sie entsprechen dann einer Stichprobe (engl. „Sample). Die Kriterien für die Samplebildung werden vorher festgelegt und dürfen nicht mehr verändert werden.
Die quantitative Forschung geht deduktiv vor. Deduktion meint ein wissenschaftliches Vorgehen, bei dem vom Allgemeinen auf das Besondere geschlossen wird, oder anders ausgedrückt, von einer Theorie auf den Einzelfall. Es wird versucht, die Richtigkeit einer Theorie an einem konkreten Beispiel zu testen. Im Mittelpunkt steht dabei die Überprüfung empirischer Hypothesen nach dem Falsifikationsprinzip. Dieses besagt, dass eine wissenschaftliche Hypothese nur so lange als bestätigt gilt, bis sie widerlegt wird.
Beispiel: Erforschung des Wahlverhaltens bei der Bundestagswahl
Es werden 2000 Wahlberechtigte befragt, welche Partei sie bei der nächsten Bundestagswahl wählen werden. Es wird also eine große Anzahl an Fällen untersucht, allerdings nur in Bezug auf ein Merkmal, der Wahlabsicht. Die Befragten entstammen dem vorher ausgesuchten Sample aus der Grundgesamtheit aller Wahlberechtigten. Aus den Ergebnissen lassen sich dann Rückschlüsse auf das Wahlverhalten aller wahlberechtigten Deutschen ziehen. (Brosius/Haas/Koschel 2009: 4-5 und Scheufele/Engelmann 2009: 26-29)
Um sich von der quantitativen Forschung abzusetzen, hat sich die qualitative Forschung das Ziel gesetzt, „näher dran“ an der Fragestellung zu sein. Sie möchte dabei keine allgemeingültigen Trends untersuchen, sondern wenige Akteure mit ihren unterschiedlichen subjektiven Sichtweisen betrachten. Die Forscher schreiben den Probanden dabei eine gewisse Mündigkeit zu. Das bedeutet, dass die untersuchten Personen zunächst sich selbst beschreiben, ohne vorher von den Forschern kategorisiert zu werden. Allerdings besteht bei der Selbstbeschreibung der Probanden die Gefahr, die Realität zu verzerren. Die Forscher müssen anschließend die gesammelten Daten einordnen, verstehen und interpretativ rekonstruieren. Die Hypothesen entstehen nun erst als Ergebnis der Forschung. Final können dann die untersuchten Probanden teilweise einer Typologie zugeordnet werden.
Die qualitative Forschung geht induktiv vor. Induktion meint ein wissenschaftliches Vorgehen, bei dem vom Besonderen auf das Allgemeine geschlossen wird, oder anders ausgedrückt: aus mehreren Einzelfällen wird eine Theorie abgeleitet. Bei der Induktion beschreibt man – ausgehend von einem in der Empirie vorgefundenen Beispiel – Gesetzmäßigkeiten, die sich wiederholen und somit Schlüsse auf eine Allgemeingültigkeit zulassen. Man beschreibt also den Einzelfall exemplarisch und schließt aus diesem Fall die Verallgemeinerung. (Schnell 2013: 9-42)
Quantitative und Qualitative Forschung im Vergleich
Quantitativ | Qualitativ | |
Ziel | Prüfung bestehender Theorieaussagen, Beschreiben und Erklären von Zusammenhängen | Konkretisierte Aussagen für eine bessere Verständlichkeit |
Untersuchungsgrößen | Große Datensätze z.B. im Politbarometer | Kleine Fallzahlen (Einzelfallstudien) |
Analytischer Bezugspunkt | Aggregate einzelner Merkmale/ Variablen von einer Vielzahl an Fällen |
Subjektive Sichtweise der Akteure mit objektiver Betrachtung der sozialen Strukturen |
Art der Auswahl der Untersuchungsobjekte: | Repräsentative Stichprobe (Sample) aus Grundgesamtheit, basiert auf statistischen Überlegungen |
Mithilfe von Typologien, bewusste Auswahlstrategien oder auch „theoretical sampling“ |
Ergebnis der Auswahl | Prinzip der Repräsentativität | Prinzip der Typizität |
Vorgehen | Deduktion: Theorie → Hypothese |
Induktion oder Abduktion (das Schaffen einer neuen Kategorie) |
(Scheufele/Engelmann 2009: 26-29)
Deduktion und Induktion im Vergleich
Beispiel für ein deduktives Vorgehen:
„Alle Fische leben im Wasser“ ist eine vielfach empirisch überprüfte Regel. Da der Goldfisch Hermann auch ein Fisch ist, ist die logische Konsequenz, dass auch er im Wasser lebt.
Beispiel für ein induktives Vorgehen:
Hermann ist ein Fisch und lebt im Wasser. Werden diese zwei Bedingungen von weiteren Fischen erfüllt, kann man daraus eine Allgemeingültigkeit ableiten und die Theorie aufstellen, dass alle Fische im Wasser leben.
Formulierung von Forschungsfragen und Annahmen
In der quantitativen Forschung werden Fragen untersucht, indem man Aussagen aufstellt, die überprüft werden müssen. Das ist das sogenannte Falsifikationsprinzip anhand von Hypothesen.
Bewahrheitet sich die Aussage nach mehrmaligen Prüfen, so gilt sie als vorläufig bestätigt.
Geschieht das noch weitere Male, ist die Aussage bewährt. Doch endgültig verifizieren
kann man wissenschaftlichen Annahmen nicht. Wichtig ist eine klare Formulierung der
Hypothese im Vorfeld. Dazu müssen zunächst die in der Aussage verwendeten Begriffe deutlich definiert werden. Beim Formulieren von Hypothesen ist zu beachten, dass sich diese in Unterscheidungs-, Zusammenhangs- und Veränderungshypothese unterteilen lassen (siehe Tabelle). Zudem lassen sich diese Formen auch noch in gerichtet bzw. ungerichtet und unspezifisch bzw. spezifisch differenzieren (ebenfalls Tabelle). (Scheufele/Engelmann 2009: 42)
Tabelle
Unterscheidungshypothese | Männer verursachen beim Parken häufiger Zusammenstöße als Frauen. | |
Zusammenhangshypothese | Zwischen dem Geschlecht und der Häufigkeit an Zusammenstößen beim Parken besteht ein Zusammenhang. | |
Veränderungshypothese | Das Teilnehmen an einem Fahrsicherheitstraining verringert die eigene Unfallwahrscheinlichkeit. | |
Ungerichtete Hypothese | Die Unfallhäufigkeit beim Einparken von Männer und Frauen unterscheidet sich. | |
Gerichtete Hypothese | Männer verursachen beim Parken eine höhere Zahl an Zusammenstöße als Frauen. | |
Unspezifische Hypothese | Männer verursachen beim Parken häufiger Zusammenstöße als Frauen. | |
Spezifische Hypothese | Männer verursachen beim Parken doppelt so häufig Zusammenstöße wie Frauen. |
Brosius, Hans-Bernd/Haas, Alexander/Koschel, Friederike (2009): Methoden der empirischen Kommunikationsforschung. Eine Einführung. 5. Auflage. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
Scheufele, Bertram/Engelmann, Ines (2009): Empirische Kommunikationsforschung. Konstanz: UVK-Verl.-Ges.
Schnell, Martin (Hrsg.) (2013): Der Patient am Lebensende. Eine qualitative Inhaltsanalyse. Wiesbaden: Springer VS.